Stu­die C: Risi­ko­ana­ly­se orth­odon­ti­scher und funk­ti­ons­re­le­van­ter Neben­ef­fek­te unter der The­ra­pie mit der Ham­bur­ger-Unter­kie­fer­Pro­tru­si­ons­Schie­ne (H‑UPS®)

J. Schlie­per, J. Knos­pe, et al., Mai 2003

Ein­lei­tung
Unter­kie­fer­pro­tru­si­ons­schie­nen haben sich seit län­ge­rem in der Schlaf­me­di­zin eta­bliert [1,2]. Durch die Redu­zie­rung der Reten­ti­ons­ele­men­te auf die Sei­ten­zäh­ne mit fron­ta­len und seit­li­chen ver­stell­ba­ren Ver­bin­dungs­ele­men­ten aus Stahl konn­te die Grö­ße der H‑UPS® im Ver­gleich zu ande­ren Schie­nen deut­lich redu­ziert und die Sta­bi­li­tät erhöht wer­den [3,4]. Auf­grund der Ähn­lich­keit zu funk­ti­ons­kie­fer­or­tho­pä­di­schen Appa­ra­tu­ren [5] kommt die Fra­ge nach mög­li­chen uner­wünsch­ten orth­odon­ti­schen Neben­wir­kun­gen auf. Die­se kie­fer­or­tho­pä­di­schen Appa­ra­tu­ren füh­ren im Wech­sel­ge­biss in Abhän­gig­keit von der Unter­kie­fer­pro­tru­si­on zu Zahn­fehl­stel­lun­gen [6].

Metho­den
Die modell­ana­ly­ti­sche Aus­wer­tung von Ober- und Unter­kie­fer vor The­ra­pie­be­ginn und zum Unter­su­chungs­zeit­punkt mit der H‑UPS® betraf 1. Mes­sun­gen in der Sagit­ta­len im a) Front­be­reich (Over­bi­te) und b) Mola­ren­be­reich (mola­re Rela­ti­on), 2. Mes­sun­gen des Over­jets (ver­ti­ka­le Ver­än­de­rung), 3. Mes­sun­gen in der trans­ver­sa­len Brei­te zwi­schen den a) ers­ten Mola­ren, b) ers­ten Prä­mo­la­ren und c) Eck­zäh­nen. Die Mes­sun­gen in den drei Ebe­nen wur­den am Aus­gang­mo­dell und Fol­ge­mo­dell drei­mal wie­der­holt, die jewei­li­gen Dif­fe­ren­zen und die SD die­ser Mess­wert­dif­fe­ren­zen (SD-MD) errech­net. Die­se wur­den der SD aus 100 Wie­der­ho­lungs­mes­sun­gen (SD-WD) am sel­ben Modell gegen­über gestellt. Die ana­mnes­ti­sche und kli­ni­sche Unter­su­chung des cra­nio­man­di­bu­lä­ren Sys­tems erfolg­te in Anleh­nung an [7] und [8]. Bei allen Pati­en­ten wur­de eine PSG mit fol­low up durchgeführt.

Ergeb­nis­se
Bei den 48 Pati­en­ten lag der Aus­gangs AHI bei durch­schnitt­lich 24,8/h (ESS-Score 15) und mit der H‑UPS® bei durch­schnitt­lich 10,1/h (ESS-Score 7). In 88% d. F. sank der AHI unter 20/​h, in 55% unter 10/​h. Zwi­schen The­ra­pie­be­ginn und Unter­su­chung lagen durch­schnitt­lich 3,25 Jah­re (ran­ge 0,5 – 5,1, SD 1,3). Mit H‑UPS® betrug der Unter­kie­fer­vor­schub durch­schnitt­lich 5 mm (ran­ge 4–6), die Biss­öff­nung in der Front bei durch­schnitt­lich 7,3 mm (ran­ge 5–12, SD 2,1). Die durch­schnitt­li­che Tra­ge­dau­er lag bei 6,5 Näch­ten pro Woche. Die funk­ti­ons­ana­ly­ti­schen Befun­de nach The­ra­pie­be­ginn mit der H‑UPS® unter­schie­den sich nicht vom Aus­gangs­be­fund. Sub­jek­ti­ve Ver­än­de­run­gen der Okklu­si­on und des cra­nio­man­di­bu­lä­ren Kom­ple­xes wur­den nicht ange­ge­ben. Die SD-WD lag bei 0,31 mm (ran­ge 0,1–0,8). Die SD-MD lag inner­halb der SD-WD.

Dis­kus­si­on
Die Ergeb­nis­se der Unter­su­chung geben kei­ner­lei Hin­weis auf einen orth­odon­ti­schen oder funk­ti­ons­re­le­van­ten Neben­ef­fekt der H‑UPS® unter the­ra­peu­ti­schen Bedin­gun­gen. Die Lite­ra­tur gibt bezüg­lich ande­rer Schie­nen­ty­pen hier­über wenig Aus­kunft. Ein funk­ti­ons­re­le­van­ter uner­wünsch­ter Neben­ef­fekt konn­te bis jetzt nicht fest­ge­stellt wer­den [9]- ein orth­odon­ti­scher Neben­ef­fekt lies sich dage­gen nach­wei­sen, wird aber kli­nisch als nicht signi­fi­kant ein­ge­stuft [8,9,10,11,12,13]. Die hier gefun­de­nen güns­ti­gen Ergeb­nis­se für die H‑UPS® dürf­ten nicht zuletzt auf die stren­ge Pati­en­ten­aus­wahl [9] vor Ein­glie­de­rung der Schie­ne bedingt sein.

Lite­ra­tur
[1] Ame­ri­can Sleep Dis­or­ders Asso­cia­ti­on. Sleep 18 (6): 511–513, 1995.
[2] Deut­sche Gesell­schaft für Schlaf­me­di­zin. Pneu­mo­lo­gie 55: 339–341, 2001.
[3] Deut­sches Patent- und Mar­ken­amt, Oro­facia­le Gebiss­schie­ne, Patent DE 10029875.
[4] Deut­sches Patent- und Mar­ken­amt, Oro­facia­le Gebiss­schie­ne, Patent DE 10216242.
[5] Rako­si T: in: Dun­van LL (ed.) Den­to­facial ortho­pe­dics with func­tion­al appli­ance 85–106, 1997.
[6] De Vin­cen­zo JP, Winn MW: Ortho­pe­dic and orth­odon­tic effects resul­ting from the use of a func­tion­al appli­ance with dif­fe­rent amounts of pro­tru­si­ve acti­va­ti­on. Am J of Orth­odon­ti­cs and Den­to­fac Ortho­pe­dics 96: 181–190, 1998.
[7] Hel­ki­mo M: Stu­dies on funk­ti­on and dys­funk­ti­on of the mastika­to­ry sys­tem. II. Index for ana­mne­stic and cli­ni­cal dys­funk­ti­on occlu­sal sta­te. Swe­dish Den­tal J 67: 101–121, 1974.
[8] Bond­e­mark L, Lind­man R: Cra­nio­man­di­bu­lar sta­tus and funk­ti­on in pati­ents with habi­tu­al sno­ring and obs­truc­ti­ve sleep apnoea after noc­turnaltre­at­ment with a man­di­bu­lar advance­ment splint: a 2‑years fol­low-up. Euro­pean J of Orth­odon­ti­cs 22: 53–60, 2000.
[9] Mar­klund M, Frank­lin A, Pers­son M: Orth­odon­tic side-effects of man­di­bu­lar advance­ment device during trea­tement of sno­ring and sleep apnoea. Euro­pean Jour­nal of Orth­odon­ti­cs 23: 135–144, 2001.[10] Gei­ger AM, Was­ser­man BH: Rela­ti­onship of occlu­si­on and peri­odon­tal dise­a­se. Part XI. Rela­ti­on of axi­al incli­na­ti­on (mesi­al-distal) and tooth drift to peri­odon­tal sta­tus. J of Peri­odon­to­lo­gy 51(5): 283–290, 1980.
[11] Frit­sch KM; Ise­li A; Rus­si EW; Bloch KE: Side effects of man­di­bu­lar advance­ment devices for sleep apnea tre­at­ment. Am j of respi­ra­to­ry and cri­ti­cal care medi­ci­ne 164 (5): 813–818, 2001.
[12] Robert­son CJ: Den­tal and ske­le­tal chan­ges asso­cia­ted with long-term man­di­bu­lar advance­ment. Sleep 24 (5): 531–537,2001.
[13] Bond­e­mark L; Lind­man R: Cra­nio­man­di­bu­lar sta­tus and func­tion in pati­ents with habi­tu­al sno­ring and obs­truc­ti­ve sleep apnoea after noc­turnal tre­at­ment with a man­di­bu­lar advance­ment splint: a 2‑year fol­low-up. Euro­pean jour­nal of orth­odon­ti­cs 22 (1): 53–60,2000